Das Colegio Maya
Im Colegio Maya nehmen sich die Lehrer*innen sehr viel Zeit, die Kinder zu beobachten, und sie individuell zu betreuen und zu fördern.
Das Colegio Maya ist eine private Grundschule, 1978 gegründet, weil die öffentlichen Schulen den Bedarf bis heute nicht decken können.
Am Anfang waren es in der Schule nicht mehr als 70 Schüler*innen, die in 3 Räumen eines einfachen Bauernhauses unterrichtet wurden. Mit der Unterstützung durch die Spender*innen des Vereins Itzamna und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit konnten in 4 Phasen in den Jahren 2010 – 2020 neue Gebäude mit 10 Klassenräumen, einer Schulküche und einem Raum für Naturwissenschaften gebaut werden. Aktuell beherbergen sie im Vormittags- und Nachmittagsunterricht 12 Klassen und über 250 Schüler*innen.
Bei seiner Gründung im Jahr 1978 war das Colegio Maya eine der ersten Schulen, in denen die Mayakultur und die Mayasprache in den Unterricht integriert wurden. Die Schule wurde von Eltern gegründet, die nicht wollten, dass es ihren Kindern in der Schule verboten würde, ihre Muttersprache K’iche’ zu sprechen, so wie es in den staatlichen Schulen bis Ende der neunziger Jahre üblich war. Die Lehrer*innen in staatlichen Schulen waren der Überzeugung, dass alles in der Mayakultur rückschrittlich wäre und durch „Bildung“ unterdrückt werden sollte.
Seit den Friedensverträgen (1996) ist die Einbeziehung der regionalen Sprache und Kultur gesetzlich in allen Grundschulen vorgeschrieben. Die Durchführung dieses gesetzlichen Auftrages ist allerdings nicht einfach. Viele Lehrer*innen und vor allem die Eltern verstehen nicht, warum es sinnvoll ist, die Mayakultur zu beachten oder sogar zu stärken, denn im Bewusstsein vieler Mayas sind die Gebräuche der eigenen Kultur zu Zeichen des Rückschritts und Hindernisse auf dem Weg des persönlichen Erfolgs geworden.
Jahrhundertelange Diskriminierung durch staatliche und kirchliche Institutionen (besonders der Schulen) und der Kampf ums Überleben sind die Ursache für diese Situation. Außerdem gibt es kaum brauchbares didaktisches Material für Sprachunterricht in den Mayasprachen, für Geschichtsunterricht oder für die Förderung anderer Aspekte der Mayakultur.
Das Colegio Maya versucht dieses Vakuum mit selbst erstelltem Material und mit Fortbildungsveranstaltungen für die Lehrer*innen zu füllen.
Die Kinder lernen Maya-K’iche’ lesen und schreiben, auch wenn viele Eltern Englisch für wichtiger halten, da es in jeder Familie jemanden gibt, der in den USA Geld für den Lebensunterhalt der Verwandten in Guatemala verdient. Regionale Gepflogenheiten und regionale Geschichte sind ein wichtiger Teil des Unterrichts. Die Mayatracht ist genauso erlaubt wie jede andere Kleidung, nur an den Tagen mit Sportunterricht ziehen alle dieselbe Sportkleidung an.
Die Kinder am Colegio Maya
Die Kinder und ihre Bedürfnisse sind wichtiger als der überladene staatliche Lehrplan.
Die Lehrer und Lehrerinnen gehen davon aus, dass Kinder sehr viel Lust haben, Neues zu lernen, und dass Zwang, Strafen und Noten der Kreativität und der Lust am Lernen schaden. Mit Hilfe von didaktischem Material sollen die Kinder so viel wie möglich ihre Lerndynamik mitbestimmen und ohne Angst vor Misserfolg lernen.
Ein Beispiel: Dank des Materials aus der Montessori-Didaktik fürchtet in der Grundschule kaum ein Kind die Rechenaufgaben nicht lösen zu können. Auch die Wortarten sind mit der Montessori-Methode leicht zu lernen. Die Lehrer*innen nehmen sich sehr viel Zeit, die Kinder zu beobachten, und sie individuell zu betreuen und zu fördern. Prüfungsarbeiten sind unnötig geworden. Alle zwei Monate bekommen die Eltern Information darüber, was ihre Kinder gelernt haben, Wegen der Vorschriften des Erziehungsministeriums gibt es am Ende des Schuljahres Noten auf der Basis der aufgezeichneten Lernfortschritte.
Ein wichtiger Teil des Lehr- und Lernprogramms sind die Redestunden in jeder Klasse. Alle Schüler*innen sollen wissen, dass es eine Zeit gibt, in denen sie über sich oder andere, über Probleme im Miteinander in der Gruppe unter Leitung der Lehrerin oder des Lehrers reden können, eine Zeit, in der sie nicht beurteilt werden und in denen alle versuchen, ein Problem zu verstehen und gemeinsam zu lösen. Das ist sehr wichtig, denn die jahrhundertelange Diskriminierung und Gewalt, dem die indigene und arme Bevölkerung in Guatemala ausgesetzt war und noch ist, bleibt nicht ohne Folgen. Konflikte in der Gesellschaft, hervorgerufen durch Neid, Nachrede, Machtgelüste wirken auch auf die Kinder.Sie übernehmen (Vor-) Urteile ihrer Eltern. Das führt zu Gemeinheiten, Aggressionen, bis hin zu Diskriminierung. Kinder, die aus armen Familien kommen, oder Kinder, die nicht bei ihren Eltern leben, sind besonders gefährdet, von anderen ausgegrenzt zu werden und selbst ein aggressives Verhalten zu zeigen. Es gibt viel Angst, über Konflikte miteinander zu reden und sie friedlich im Gespräch auszutragen. In vielen Familien sind körperliche Strafen üblich. Die Eltern erzählen den Lehrer*innen davon, wenn sie beweisen wollen, wie sehr sie sich um ihre Kinder bemühen.
In allen Klassen gibt es Schüler*innen mit Lernschwierigkeiten und Verhaltensproblemen. Manche dieser Schwierigkeiten sind gar nicht oder ohne besondere Therapie nicht zu beheben und es ist Aufgabe der Schule, diese Kinder in das Schulleben zu integrieren. Das ist eine besondere Herausforderung für die Lehrer*innen, denn sie haben dazu keine Ausbildung bekommen und müssen durch Erfahrung lernen, was zu tun ist.
Das Colegio Maya besteht aus drei Schulzweigen:
- Vorschule-Parvulos: (2 Klassenstufen, 5- und 6-jährige Kinder)
- Grundschule-Primaria: (6 Klassenstufen, 7- bis 13-jährige Kinder)
- Mittelschule-Básico: (3 Klassenstufen, 12- bis 16-jährige Jugendliche)
Im Jahr 2024 besuchen insgesamt 251 Schüler*innen das Colegio Maya. In den Klassen sind zwischen 20 und 25 Schüler*innen.
35 Schüler*innen aus armen Familien bekommen finanzielle Hilfe für Schulmaterial und Bücher, manche auch Lebensmittelpakete.
Insgesamt beschäftigt die Schule 20 Mitarbeiter*innen, die Schulleitung inbegriffen.
Jedes Jahr werden Vertreter der Schüler*innen gewählt. Außerdem besteht eine Vertretung der Lehrerschaft und der Eltern.
Ganz konkret wurde hier ein neues Schulgebäudes auch durch Spenden an Itzamna mitfinanziert.
Etwa 20 bis 30 % der Kinder sind schulgeldbefreit und erhalten Unterstützung für Schulmaterial, manche erhalten auch Nahrungsmittel.
Lernen am Colegio Maya
Kinder mit Lernschwierigkeiten sind eine Bereicherung und eine Gelegenheit zu lernen mit verschiedenen Menschen zusammenzuleben.
Brenda, die Lehrerin der 4 bis 5-Jährigen schreibt dazu:
Ich bin sehr glücklich, weil Dereck jetzt spricht. Er hat kaum gesprochen und wenn er es versucht hat, hat ihn niemand verstanden. Er hat oft geweint, weil die Kinder nicht mit ihm gespielt haben. Neulich haben alle zusammen Ball gespielt und Dereck hat das sehr gefallen. Er war richtig glücklich und hat mich ganz fest umarmt und ganz deutlich gesagt: „Señora Brenda, ich hab dich ganz lieb“. Die anderen Kinder und ich waren vollkommen erstaunt und haben ihn alle in die Arme genommen. Es war so wunderbar, die Freude von Dereck und den anderen Kindern zu erleben. Jimena ist vor lauter Begeisterung nur noch gehüpft gesagt: Maestra (Lehrerin), hast du‘s gehört, Dereck kann sprechen! Es war wirklich ein sehr berührender Moment. Seit diesem Tag hat Dereck viel mehr gesprochen.
Roman ist in der dritten Klasse. Sein Lehrer Malaquías bemühte sich sehr um ihn. Dazu schreibt der Sportlehrer Selvin:
Wir wissen jetzt, dass Ramón Autismus in einer leichten Form hat. Er ist ein unruhiges Kind, dem es schwer fällt über längere Zeit an einem Ort zu bleiben. Er ist sehr neugierig und es gefällt ihm, neue Sachen zu entdecken; er schaut sich die Bilder an den Wänden genau an, beobachtet Pflanzen. Ramon singt gerne elektronische Musik, Musik aus den Medien. Er liebt es, wenn Malaquías ihn dabei auf der Gitarre begleitet. Als der Tag der Familie gefeiert wurde, hat er eine Choreografie zu „MarioBros“ entworfen, weil Ramon alle Figuren und alles, was mit „SuperMario“ zu tun hat, so gut gefällt, besonders das Lied „Peaches“.
Die Lehrer am Colegio Maya
Marcos Hermelindo Tzul Xiloj ist der Direktor des Colegio Maya seit 2022.
Er hat schon kurz nach der Gründung des Colegio im Jahr 1978 als junger Lehrer dort Unterricht gegeben bis er eine Stelle an einer staatlichen Schule bekam. Im Jahr 2016 wurde er Direktor des neugegründeten Mittelschulzweigs.
Neben den Verwaltungs- und Aufsichtsaufgaben kümmert er sich um die Erhaltung der Infrastruktur, vor allem um Reparaturen, die an den Gebäuden notwendig sind.
Malaquias Sebastian Sacalxot Colop hat 2012 als Musiklehrer am Colegio Maya angefangen. Später hat er eine Grundschulklasse übernommen. Er hat sehr viel Geduld mit Kindern und unterrichtet die zweite Grundschulklasse. Die Eltern von Kindern mit Verhaltungsschwierigkeiten, die in der ersten Klasse in einer anderen Schule nicht zurechtkamen, sind ihm besonders dankbar, weil er ihren Kindern hilft, sich in den Schulalltag einzugliedern. Neben dem Grundschulunterricht gibt er Musikunterricht und einen Marimbakurs in der Mittelschule. Auf Bitten der Jugendlichen der Mittelschule möchte er eine Schulband bilden, falls sich eine Finanzierung dafür findet.
Jaime Israel Valdez Sacalxot arbeitet neben seinem Beruf als Lehrer noch in der Schreinerei seines Vaters und hat auch Elektriker gelernt. Seit 2020 unterrichtet er zusammen mit Ester Loida Cochojil in der 4. und 5. Klasse der Grundschule die Fächer Mathematik, Naturkunde und Kunst. In der Mittelschule ist er für das praktische Fach Werken zuständig. In der Schule hilft er bei Handwerkerarbeiten. Sein Sohn besucht die Grundschule des Colegio Maya.
Rocio Citlali Toj Alvarado (links) war als Kind Schülerin am Colegio Maya. Sie hat Psychologie studiert und viele Kurse in Englisch absolviert. Seit 2014 gibt sie als Teilzeitlehrerin den Englischunterricht in der Grundschule, was sie gut mit ihrer Aufgabe als Mutter vereinbaren kann.
Maribel Diamantina Salanic Hernández (in der Mitte) hat im Jahr 2013 als Grundschullehrerin eine Klasse übernommen. Sie hat eine besondere Gabe, die Kinder dazu zu befähigen, Konflikte mit Gesprächen beizulegen und ihnen zu helfen, einander zu verstehen. Deshalb bekommt sie seit einigen Jahren die 6. Grundschulklasse, die Abschlussklasse, wenn die Jugendlichen in die Pubertät kommen und die Beziehungen unter den Schülerinnen schwierig werden. Seit 2016 unterrichtet sie Mathematik an der Mittelschule.
Elsa Maribel García Mul (rechts) arbeitet seit 2016 am Colegio Maya. Sie ist verantwortlich für pädagogische und didaktische Fragestellungen in der Grundschule. Außerdem unterrichtet sie Spanisch und Sozialkunde in der Mittelschule. Im Fach Sozialkunde an der Mittelschule legt sie besonderen Wert darauf, dass die Jugendlichen die Geschichte Guatemalas kennen und die aktuelle wirtschaftliche und soziale Situation auf dem Hintergrund ihrer Geschichte verstehen. Im Spanischunterricht fördert sie sowohl in der Grundschule, wie in der Mittelschule die Freude am Lesen, und die Fähigkeit sich schriftlich auszudrücken. Wichtig ist ihr auch, mit den Jugendlichen Kommunikationsmöglichkeiten für schwierige Situationen einzuüben.
Loida Ester Cochojil García unterrichtet seit 2020 zusammen mit Jaime Israel Valdez die 4. und 5. Grundschulklasse. Sie gibt den Unterricht in Sprache, Sozialkunde und K’iche‘ in beiden Klassen. Sie studiert Psychologie neben ihrer Arbeit am Colegio Maya und bemüht sich besonders um Kinder mit Lernschwierigkeiten. Im nächsten Jahr wird sie einmal monatlich einen Kurs für Eltern anbieten, in denen sie ihnen zeigt, wie sie ihren Kindern beim Lernen helfen können, zum Beispiel mit Konzentrationsübungen aus der Kinesiologie
Schulbibliothek
Zur Schule gehört auch eine Bibliothek mit einer Fachkraft. Dort gibt es nicht nur Bücher sondern auch Brett- und Kartenspiele wie UNO, Holzbausteine und Legos, etwas, was die Kinder zu Hause nicht haben. Sie kommen in der Pause oder nach Unterrichtsende um dort zu spielen.
Der größte Teil der Bücher sind Nachschlagewerke für die Lehrer*innen und älter Schüler*innen. Bücher sind in Guatemala sehr teuer und für die große Mehrheit eine Luxusausgabe. Da die Schule die Leselust fördern will gibt es deshalb eine Abteilung für Kinder und Jugendliche. Jeden Tag mittags stehen vor allem die kleinen Kinder Schlange, um sich ein Buch auszuleihen.
Gesundheitsfürsorge
Eine Krankenschwester untersucht zu jedem Schuljahrsanfang alle Kinder und ist für alle gesundheitlichen Probleme und Verletzungen die erste Anlaufstelle.
Neben dem Regelunterricht gibt es ein Angebot an freiwilligen kostenlosen Kursen: Marimba-Unterricht, Bastelkurse, Fußball, Basketball. Die Eltern sind sehr froh über diese Möglichkeit, da sie eine Alternative zur Unterhaltung mit dem Smartphone bieten.
Kurse
Neben dem Regelunterricht gibt es ein Angebot an freiwilligen kostenlosen Kursen: Marimba-Unterricht, Bastelkurse, Fußball, Basketball. Die Eltern sind sehr froh über diese Möglichkeit, da sie eine Alternative zur Unterhaltung mit dem Smartphone bieten.